Ich habe schon immer Erlebnisse und Erfahrungen aus meinem Leben in Gedichten verarbeitet. Dieser lyrische Prozess wirkt für mich sehr befreiend. Max Weber sagte einmal zu mir, dass Selbstgespräche gesund sind, weil man sich damit wortwörtlich selbst etwas sagt. Meine Gedichte sind Briefe an mich selbst und ich habe ein Gedicht über meinen sexuellen Missbrauch als Kind geschrieben.

Angst und Liebe gibt es nicht an jedem Ort und im Alter von 8 Jahren zog meine Sonne fort. Traurig und allein ohne Vater, ich habe keine Sicherheit gefunden und trotzdem heilten mit den Jahren ‒ meine wohl tiefsten Wunden.

An einem eiskalten Wintertag in einem Krankenhaus kämpfte ich die ganze Zeit ‒ wie die Knospen im kalten Februarlicht, die sich zart zur Sonne streckten.

Angst und Liebe gibt es nicht an jedem Ort und im Alter von 11 Jahren zog meine Sonne fort. Ich lebe immer noch und ich dachte oft an mein Lebensende. An den kalten Atem und den Druck in meiner Kehle.

An die schweifenden Blicke am Tage und den nächtlichen Dämonen. An meinen Ängsten und den Schmerzen, an den Ekel und an das Blut.

Geschwächt von der Vergangenheit ‒ wusch er meine Trauer aus dem Herzen und ich wurde stärker, ohne es zu bemerken.

Ich war befreiter durch seine starken Blicke, die mich streiften wie eine Böe der Hoffnung. Es war doch alles richtig und es hatte endlich seine Ordnung.

Er erklärte mir viel über Liebe und er liebte mich, das merkte ich. Bis die erste Träne das Licht in meinen Augen bricht.

Er hatte mich so lieb, aber ließ mich weinen. Das Gesicht, das er küsste, schlug er. Regentropfen klopften den Refrain dazu. Ich musste immer weiter atmen, doch ich hatte keinen Lebensmut.

Seitdem sind Jahrzehnte vergangen und auch noch heute zeigt sich die Angst. Die Angst vor dem, was ich nicht kontrollieren kann.

Die Dunkelheit kommt näher und meine Schmerzen werden stärker. Wie die Resignation zwischen Schulhofgelächter.

Heute kann ich euch vergeben und erkenne im Glanz der Welt meinen Lebenssinn und ihr zahlt den Preis für euer „geliebtes“ Kind.

Die Sekunden ticken immer weiter, das Ziffernblatt trennt die Vergangenheit von der Gegenwart und die Zeiger zeigen mir ‒ was ich noch erleben darf.

Die Wunden verblassen und Narben erinnern uns an vergangene Schmerzen.

Freundschaft erwärmt und kann niemand erklären.

Die Zeit trennt das Licht von der Dunkelheit, übrig bleibt nur ein Hoffnungsschimmer. Und ich habe mich als demütige Geste an die Vergangenheit erinnert.

© 2024 Markus