Montag, 22.10.2018

Das Mädchen auf der Couch

von Max

 

Noch ein Beispiel für Impulskontrolle. Ende 2008 saß ich bei einer Bibelbesprechung meiner Glaubensrichtung neben einem Mädchen auf einer eigentlich überfüllten Couch. Wie zu erwarten, sorgte das bei mir für ziemlichen Stress und einen gewissen Pegel sexueller Erregung: Einmal ist mir solch ungewohnte Nähe unangenehm, zum Anderen handelte es sich um jemanden aus meinem Präferenzbereich. Das gehört zu den Dingen, die ich wirklich am dämlichsten an der Pädophilie finde: dass sie ganz normale Situationen, weitab von Sex, mit sexueller Erregung belegt. Noch dazu in der Nähe von Kindern, denen es absolut unangenehm bis Angst einflößend wäre, wenn sie von diesen Empfindungen wüssten. Dann kommt die Angst, dass mir vielleicht anzusehen sei, was in meinem Innern gerade abläuft, und dass ich mich in Sachen Selbstbeherrschung selbst täuschen könnte.

Flucht wäre möglich, aber auffällig und störend für die Anderen gewesen. Die blieb aber noch als eine Notlösung. Demnach war mein Ziel, zunächst einmal die sexuelle Erregung abzubauen, um wieder klar denken zu können, und danach den Stress. In dieser Situation ist das z.B. dadurch gelungen, dass ich den Körperkontakt analysiert habe: Ist daran irgendetwas Anstößiges? Oder gibt es sonst Anzeichen, dass er die Privat- bzw. Intimsphäre des Kindes verletzt? Oder dafür, dass dass Kind sie als verletzt empfindet? (z. B. darin, wie es auf meine Bewegungen reagiert)? Oder einfacher: Geht der Körperkontakt, der gerade besteht, nur auf den Platzmangel zurück, oder sitze ich auch noch (un)günstig (und sexualisiere ihn damit gerade)? Das war meinem Urteil nach (und nach einem Korrekturversuch) nicht der Fall. Also habe ich die bestehende Situation im Geiste als normal definiert und gesagt: „Okay, das ist in Ordnung, was gerade los ist. Wer nicht gerade pädophil ist, würde sich vermutlich gar nicht darum scheren.“ Das hat für mich den Zweck, dass ich

1. mich gegen spontanen Selbstbetrug im Affekt absichere, indem ich abchecke, was genau ich mache (z.B. ob ich dichter aufrutsche als beim anderen Sitznachbarn) und was direkt aus den gegebenen Umständen resultiert (Dummes Beispiel: Es könnte ja auch das Kissen dorthin abschüssig sein, was ich dann natürlich ausgleichen müsste). und

2. gleichzeitig jedem Anlass zu anzüglichen Gedanken den Boden unter den Füßen wegziehe (auch indem ich beobachte, wie das Kind reagiert).

Das braucht natürlich etwas Fingerspitzengefühl und kann keine Anleitung für Andere sein. (Ich schätze, jemand, der zwar Pädo, aber nicht ADSler ist, würde eh schon an der Flut von Überlegungen scheitern, wenn sie bei ihm nicht ‒ wie bei mir ‒ allmählich erlernt und natürlich gewachsen wären.) Das Geschehen verbuchte ich dann als neuen Erfahrungswert dafür, was wohl unter diesen Umständen als normal gelten darf. Bis hierhin dauerte es einige Minuten, aber ab jetzt schwand die Erregung bis ich die Ruhe hatte, mit dem Mädel neben mir wieder so umzugehen, als wäre gar nichts geschehen. Es ist ja auch nichts geschehen. Oder: Nichts, was jemand Anderen (besonders das Mädchen) etwas anginge! Dachte ich dann nochmals daran, dass es ja ein potentiell attraktives Mädchen sei, schob ich den Gedanken als egal beiseite.

In dem Stufen-Modell aus meinem letzten Beitrag würde dieses Erlebnis auf Stufe 2 stehen (Flucht in die Passivität). Im Verlauf ist es sogar noch eine Stufe herunter gerutscht (1 = Impulse lassen deutlich nach und verlieren die Kraft), sodass ich schließlich wieder einen klaren Kopf und Ruhe hatte. Nach 20 Minuten war der Spuk vorbei und auch die Nervosität verschwunden, trotz Sitznachbarin. Den Rest der Stunde passiv und gespielt-desinteressiert da zu sitzen, wäre nicht sonderlich angenehm gewesen – und auch kaum förderlich für meine Konzentration auf das Thema der Besprechung.


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© 2009 Max

aktualisiert: 01.11.2011